Der Monat August wird international der SMA, einer schweren seltenen Muskelerkrankung, gewidmet, von der weltweit rund jeder 6000ste Mensch betroffen ist. Unbehandelt sterben die Betroffenen meist noch vor dem zweiten Lebensjahr. Die 2020 gegründete Patientenorganisation SMA Österreich will das Leben mit SMA verstärkt ins Zentrum der Öffentlichkeit rücken und Aufklärungsarbeit leisten. Vieles hat sich in den letzten Jahren für die Patient:innen verbessert, aber vor allem bei der bundesländerübergreifenden Finanzierung der Therapien besteht akuter Handlungsbedarf.
Nachdem SMA jahrzehntelang als unbehandelbar galt und viele Todesopfer forderte, wurden in den vergangenen zwei Jahren gleich drei Medikamente zur Verlangsamung des Krankheitsverlaufs für die Patient:innen in Österreich zugelassen. Diese pharmazeutischen Meilensteine, die spezifisch nach Altersgruppen und Verabreichungsmöglichkeiten eingesetzt werden, retten tagtäglich das Leben der Patient:innen, österreichweit konnte seitdem bei knapp 100 Jugendlichen und Erwachsenen der Krankheitsverlauf verlangsamt werden – auch wenn oftmals bürokratische Hürden überwunden werden mussten.
Christina Holmes, Obfrau der Patientenorganisation SMA Österreich: „Nachdem viele Patient:innen monatelang aufgrund von Ressourcenmangel für ihre Behandlung kämpfen, und einige sogar den Gerichtsweg beschreiten mussten, ist es schön zu sehen, wie es jede:m einzelne:n Patient:in gesundheitlich besser geht und lebensbedrohende Situationen massiv abgenommen haben. Die öffentlichen Diskussionen darüber, wie viel ein Menschenleben wert ist, haben aufgezeigt, wo es in unserem Gesundheitssystem Baustellen gibt und welche Auswirkung das auf die einzelnen, teils hilflosen Patient:innen hat. Umso erfreulicher ist es, dass die Behandlungen nicht nur wie erwartet den Verlauf verlangsamen, sondern beim Großteil der Patient:innen sogar Verbesserungen eintreten.“
Baustelle Finanzierungssystem
Jedes der in Österreich zugelassenen Medikamente unterliegt unterschiedlichen Zuständigkeiten und ist damit in der Hand von unterschiedlichen Zahlern. Dies führt dazu, dass das System für Patient:innen undurchsichtig ist, die notwendige Flexibilität fehlt und je nach Bundesland Patient:innen unterschiedliche Gegebenheiten vorfinden. Dadurch kann es zu gravierenden Qualitätseinbußen in der Behandlung kommen. Die Patientenorganisation SMA Österreich, der rund 50 Betroffene angehören, fordert daher einen länder- und zahlerübergreifenden Finanzierungstopf, in dem die zuständigen Stellen einzahlen und mit dem die behandelnden Mediziner:innen direkt verrechnen können. Christina Holmes: „Durch diesen Topf würde sichergestellt werden, dass rein medizinische Faktoren für die Auswahl des jeweiligen Präparates herangezogen und nicht erst Finanzierungs- und Zuständigkeitsverhandlungen geführt werden müssen. Ein solches Topfsystem könnte man auch bei anderen seltenen Erkrankungen einführen und durch einen zentralen Einkauf der oftmals teuren Medikamente eine für alle Beteiligten effizientere und schnellere Abwicklung ermöglichen“.
Stein auf Stein
Die Möglichkeit der medikamentösen Behandlung der SMA stellt zweifelsohne einen enormen Meilenstein für die Patient:innen dar. Um die durch den medizinischen Fortschritt neu gewonnen körperlichen Möglichkeiten auch nutzen, erhalten bzw. weiter verbessern zu können, sind zusätzliche manuelle Therapien wie etwa intensive Physiotherapie oder Kraft- und Gleichgewichtstraining von besonderer Bedeutung. Holmes: „Nur durch die Kombination von manuellen und medikamentösen Therapien kann das bestmögliche Ergebnis für die Betroffenen erzielt werden.“
Für SMA Österreich stellt auch die Aufnahme von SMA ins Neugeborenen-Screening einen weiteren wichtigen Meilenstein dar. Dadurch kann der Gendefekt bereits beim Neugeborenen entdeckt werden, bevor erste Symptome sichtbar werden. In den letzten 12 Monaten konnten damit 13 Babys rasch behandelt werden.
SMA Österreich Obfrau Christina Holmes ist zuversichtlich, dass durch mehr Aufklärung sowie durch das konzertierte Zusammenspiel von Ärzten, Pharmazie, Zahlern, Therapeuten, weiteren Gesundheitsberufen und den verantwortungsbewussten Patienten, bestmögliche Behandlungserfolge erzielt werden können.
Über SMA Österreich
Die Patientenorganisation SMA Österreich wurde 2020 aus der Kampagne „Erstickungstod stoppen“ heraus gegründet. Damals kämpften unter der Federführung der jetzigen Obfrau Christina Holmes eine Handvoll Patient:innen um den Zugang zur medikamentösen Behandlung. Mittlerweile umfasst der Verein mehr als 50 Mitglieder und wird von einem sechsköpfigen Vorstand geleitet. Zu den Erfolgen zählen neben der nahezu flächendeckenden Behandlung der Patient:innen die Übergabe von mehr als 24.000 Unterschriften an den damaligen Gesundheitsminister Anschober, sowie die Unterstützung zur Aufnahme der SMA in das österreichische Neugeborenen-Screening-Programm.
SMA – Spinale Muskelatrophie
Die Spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine genetisch bedingte Muskelerkrankung, bei der das Absterben von Motorneuronen im Rückenmark dazu führt, dass die Nerven die Impulse des Hirns nicht mehr an die Muskulatur weitergeben können. Durch den fehlenden Reiz baut der Muskel kontinuierlich ab und lebenswichtige Funktionen wie das Atmen und Sprechen werden massiv eingeschränkt
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Christina Holmes
Patientenorganisation SMA Österreich
1020 Wien
Tel. +43 676 710 22 10, christina.holmes@smaoesterreich.at
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