Der Glasfaser als Rückgrat unserer digitalen Versorgung kommt eine immer größer werdende Bedeutung zu – sie garantiert das Funktionieren unserer Gesellschaft und hilft im Katastrophenfall beim Überleben. Im Rahmen des jüngsten OFAA Fiber Expert Talks Mitte Juni tauschen sich 45 Experten aus der Telekommunikationsbranche und der Krisenprävention in Österreich über Möglichkeiten und Ansätze aus, diese kritische Infrastruktur zu sichern.
Ein Leben ohne schnelles Internet ist für uns nicht mehr denkbar. Wir verlassen uns tagtäglich darauf, dass Services und Prozesse online und reibungslos zur Verfügung stehen. Doch der Glasfaser kommt eine weitaus größere Bedeutung zu, als nur Internet zu Hause oder ungetrübten Streaming Genuss zu ermöglichen. Wenn die Verbindung in einer ganzen Region weg ist, können die Konsequenzen weitreichend sein: von einer unterbrochenen Lebensmittelversorgung, weil Logistikzentren und Flughäfen lahm liegen, über Einschränkungen in unseren Gesundheitsbetrieben bis hin zur Steuerung von Kraftwerken. Krisenvorsorgeexperte Herbert Saurugg: „Kritische Infrastruktur wird oft erst wahrgenommen, wenn sie nicht mehr funktioniert – doch dann brennt das Feuer am Dach bereits lichterloh“.
Infrastruktur langfristig sichern
Für die Open Fiber Austria, dem Verband, der sich für offene und für alle gleich zugängliche Glasfasernetze einsetzt, kann der rasant steigende Bedarf an hoher Bandbreite, gekoppelt mit geringen Latenzzeiten, nur mit einem flächendeckenden und raschen Ausbau einer Glasfaserinfrastruktur abgedeckt werden. Ein wesentlicher Vorteil der Glasfaser ist, dass sie robust und widerstandsfähig, und nicht anfällig gegenüber elektromagnetischen Interferenzen ist. Zu Störungen kommt es meist nur, wenn das Glasfaserkabel im Zuge von Bauarbeiten, Naturkatastrophen oder mutwilliger Zerstörung beschädigt wird. „Um die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen, sollten die Leitungen in mindestens 60 cm Tiefe verlegt werden, wobei bereits in der Planungsphase geografische Risikofaktoren, wie z.B. Hochwasser, berücksichtigt und dokumentiert werden sollten“, verdeutlicht Andreas Breit, Geschäftsführer, Breit Solutions GmbH.
Ring-Versorgung und Planung
Besondere Bedeutung kommt den Verteilergebäuden zu, die die physischen Knotenpunkte (PoP) beherbergen. Da gerade im ländlichen Bereich oft bis 1.000 Teilnehmer an einem einzelnen Knotenpunkt hängen, sind Zugangskontrollen, einfache Wartung, aber auch Klimatisierung, Brandschutz sowie eine funktionierende Stromversorgung ausschlaggebend. Herbert Flatscher, Geschäftsführer des Aktivnetzbetreibers FiberEins GmbH, rät, Verteilergebäude in der Nähe von Umspannwerken zu bauen, „dann kann im Krisenfall eine rasche Notversorgung gewährleistet oder eine autarke Stromversorgung mit Photovoltaik geschaffen werden“.
Zudem sollten Netze so gebaut werden, dass es Redundanzen und Reserven gibt, so dass im Fall einer Unterbrechung auf eine andere Leitung gewechselt werden kann. Die Best-Practice ist der sogenannte „ringförmige Aufbau“ der Netze, bei den mehrere Leitungen ein Gebiet versorgen. Ebenso wichtig sind Krisenpläne, in denen die Verfügbarkeiten, Zuständigkeiten und Zugriffe festgehalten werden.
Krisenfall antizipieren
Georg Podebradsky, Breitbandkoordinator Burgenland, BE Technology GmbH betont einmal mehr, dass bereits vor Eintritt eines Krisenfalls gemeinsam alles getan werden muss, um die Infrastruktur krisensicher zu machen. Anstatt kurzfristiger profitgetriebener Business-Cases geht es um die Absicherung der Infrastruktur über die gesamte Lebensdauer mit einem Zeithorizont von 50 und mehr Jahren. Denn „je vorausschauender geplant wird, umso widerstandsfähiger ist die Infrastruktur, und das macht sich im Krisenfall mehr als bezahlt“. Dementsprechend fordert die OFAA, der mehr als 170 Mitglieder angehören, eine sektor- und regionenübergreifende Zusammenarbeit sowie das aktive Mitwirken der unterschiedlichen Akteure – Betreiber, Errichter, Nutzer, Staat, Förderstellen. OFAA Präsident Brusic: „Dies ist notwendig, um im Krisenfall die Versorgung im gesamten Bundesgebiet sicherstellen zu können“.
Open Fiber Austria Association (OFAA)
Die OFAA wurde 2021 mit dem Ziel gegründet, ein offenes, flächendeckendes und demokratisches Glasfasernetz in Österreich zu ermöglichen. Der Verband sieht sich als innovative Drehscheibe für Infrastrukturnutzer, die Telekommunikationsbranche, Glasfasernetzbesitzer und Kabelbetreiber, um die notwendige Infrastruktur zu schaffen, die dem Endkunden schnellstes, unabhängiges und leistbares Internet bis ins Wohnzimmer garantiert. Ein erster Meilenstein ist die Entwicklung der österreichweit eindeutigen Kennzeichnung des Glasfaseranschlusses, der OAID (Open Access ID), die den Zugang zu einem offenen Netz vereinfacht. Der Vorstand des Verbandes besteht aus dem Vorstandsvorsitzenden Igor Brusic sowie Martin Wachutka, Marco Resch und Geschäftsführerin Irmgard Kollmann. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.ofaa.at
Fotos: Abdruck honorarfrei
BU1: Die Verlegung von Glasfaser in mindestens 60cm Tiefe empfohlen (c) Franz Bachinger Pixabay
BU2: Glasfaserkabel (c) OFAA
BU3: Besonders im Krisenfall ist die ununterbrochene Versorgung mit Internet entscheidend (c) Getty Images