Handys, Computer und Kameras würden ohne Seltene Erden nicht funktionieren. Doch die herkömmliche Gewinnung der Metalle ist aufwändig und umweltschädlich, das Angebot knapp, die Preise am Weltmarkt hoch.
Ein aktuelles Forschungsprojekt der IMC FH Krems und des Centrum ALGATECH der Tschechischen Akademie der Wissenschaften hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, Seltene Erden ganz ohne Umweltschäden mit Hilfe von Bakterien und Algen aus Elektronikschrott zu recyclen. Von der neuen Technologie sollen regionale Unternehmen profitieren.
Ermöglicht wird das Pionier-Projekt durch eine Förderung der EU von über einer Million Euro im Rahmen des Programms „Interreg Österreich – Tschechische Republik“ aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE).
Weitere Informationen: at-cz.eu/reegain
Innovative Bio-Technologie dank grenzüberschreitender Forschungskooperation
Angesichts fortschreitender Umweltschäden und des Klimawandels sind umweltfreundliche, CO2-neutrale Technologien in der Industrie gefragter denn je. Seltene Erden ohne umweltbedenkliche Abfälle zu recyclen, ist das Forschungsziel des Projektes REEgain, das derzeit grenzübergreifend von österreichischen und tschechischen Wissenschaftlern umgesetzt wird.
Die Projektidee wurde federführend von Prof. (FH) Milada Vítová, Institut für Mikrobiologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Centrum ALGATECH, und Prof. (FH) DI Dominik Schild, Institut für Biotechnologie der IMC FH Krems, entwickelt.
„Durch die Entwicklung neuer Technologien steigt der Bedarf an Seltenen Erden kontinuierlich an. Derzeit hat China ein Monopol auf den Abbau – dort wird allerdings keinerlei Wert auf eine umweltfreundliche Vorgehensweise gelegt“, so Schild. Studien der IMC FH Krems und der Tschechischen Akademie der Wissenschaften haben gezeigt, dass Mikroorganismen wie Bakterien und Algen Seltene Erden aus Elektronikschrott aufnehmen können. „Mit dem, was bei unserer Methode nach Gewinnung der Seltenen Erden übrigbleibt, könnte jeder ohne Bedenken seinen Garten düngen“, bringt es Schild auf den Punkt.
Internationale Partnerschaft Österreich und Tschechische Republik
„Interreg bringt Grenzen zum Verschwinden. Es ist eine sehr gute Möglichkeit, zwei Länder in einer unkomplizierten Form zu verbinden“, so Schild. „Das Centrum ALGATECH in Třeboň liegt geografisch gesehen näher an Krems als an Prag. Wir sind seit den 1960er Jahren führend in der Erforschung mikroskopischer Algen in Europa und stolz, mit unserer langjährigen Expertise grenzüberschreitend zum Erfolg eines Projektes beizutragen, das den Ausbau wichtiger Zukunftstechnologien sicherstellt“, so Vítová.
Zum Erfolg des Projektes tragen neben den beiden Initiatoren zwei weitere Partner aus Krems maßgeblich bei: die Donau-Universität Krems und die Karl Landsteiner Privatuniversität. Während die IMC FH Krems und das Centrum ALGATECH dafür sorgen, dass Bakterien bzw. Algen die Seltenen Erden aus dem Elektronikschrott aufnehmen, ist die Donau-Universität Krems Expertin dafür, die Seltenen Erden wieder aus der Bakterien- und Algenmasse zu lösen. Dies ist nötig, um die einzelnen Seltenen Erden wieder als Rohstoffe nutzbar zu machen. Welche und wie viele Seltene Erden gewonnen werden konnten, untersucht die Karl Landsteiner Privatuniversität.
Regionale Industrie profitiert
Um sicherzustellen, dass die regionale Wirtschaft von den wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Praxis profitiert, sind lokale Unternehmen aus dem Feld Abfallwirtschaft und Recycling in das Projekt eingebunden. Sie liefern nicht nur den Elektronikschrott, sondern bestimmen auch die Formulierung der Forschungsfragen mit. Zu nennen sind hier etwa das Innovationscenter der Saubermacher Dienstleistungs AG in Graz und die im Waldviertel ansässige Stark GmbH. Auf tschechischer Seite wird das Projekt von der Firma Městská Vodohospodářská s.r.o. unterstützt, die die kommunale Kläranlage in Třeboň betreibt. „Durch die Entwicklung einer anwendbaren Recycling-Technologie profitiert die Region unmittelbar von der Verfügbarkeit eines wertvollen Rohstoffs. Darüber hinaus entstehen neue hochqualifizierte Arbeitsplätze im Bereich der Biotechnologie“, so Schild.
Finanzierung durch EU-Programm „Interreg Österreich – Tschechische Republik“
REEgain startete im Sommer 2018 und wird bis Sommer 2022 im Rahmen des Programms „Interreg Österreich – Tschechische Republik“ durch den „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) mit einer Summe von über einer Million Euro unterstützt. „Ohne die finanzielle Unterstützung durch das Interreg-Programm der EU wäre die Arbeit an diesem Projekt nicht möglich“, betont Schild. Da Fachhochschulen in Österreich derzeit über keine Basis-Finanzierung verfügen, ist man auf Drittmittel angewiesen. REEgain ist eines von 60 grenzüberschreitenden Projekten, die derzeit von „Interreg Österreich – Tschechische Republik“ gefördert werden.
Über Interreg V-A Österreich-Tschechische Republik
Im Rahmen des EU-Programms „Interreg Österreich – Tschechische Republik“ werden derzeit 60 Projekte mit mehr als 300 beteiligten Projektpartnern – von Universitäten über Museen bis zu Gemeinden und Vereinen – in den Projektregionen Niederösterreich (Mostviertel-Eisenwurzen, St. Pölten, Waldviertel, Weinviertel, Wiener Umland – Nordteil, Wien) sowie Oberösterreich (Innviertel, Linz-Wels, Mühlviertel, Steyr-Kirchdorf) und in der Tschechischen Republik (Südböhmen, Vysočina, Südmähren) gefördert. Die Projekte müssen in grenzüberschreitender Zusammenarbeit von ÖsterreicherInnen mit TschechInnen entstehen und einen positiven Beitrag zur Entwicklung der Region leisten. „Interreg Österreich – Tschechische Republik“ verwaltet einen Teil des „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) der Europäischen Union. Gesamt hat das Programm für 2014 – 2020 rund 97.800.000 € zur Verfügung. Die Förderung erfolgt in den vier Themenbereichen Forschung und Innovation, Umwelt und Ressourcen, Humanressourcen sowie Nachhaltige Netzwerke/institutionelle Kooperation. https://www.at-cz.eu/at
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